Stephanie Borgmann neue Leiterin

Der Kinderschutzbund OV Wesel

Stephanie Borgmann ist neue Leiterin des Kinderschutzbundes. Die 35-Jährige tritt zum 1. September die Nachfolge von Nathalie Utecht an.

Rheinische Post 29. August 2024 von Christian Schyma
Wesel:. Es wird ein ganz normaler Sonntag sein, der 1. September. Mit einem Frühstück im Kreise der Familie und einem geruhsamen Nachmittag bei schönstem Sonnenschein. Und doch ist dieser Tag
auch ein besonderer für Stephanie Borgmann. Denn dann ist die 35-jährige Gindericherin auch offiziell neue Leiterin des Ortsverbandes Wesel im Kinderschutzbund. Neuland betritt die Mutter von zwei Kindern dann allerdings nicht, denn bereits seit 15. anuar gehört sie zum Mitarbeiterstamm und ist auch schon seit dem Frühjahr kommissarische Lei terin. Stephanie Borgmann folgt auf Nathalie Utecht an, die ihre Tätigkeit am Großen Markt aus gesundheitlichen Gründen beenden musste. „Ich möchte die Dinge, die Nathalie angestoßen hat, fortführen“, sagt Stephanie Borgmann. Dazu zählen unter anderem die Digitalisierung, aber auch das Qualitätsmanagement.

Die gebürtige Weselerin besuchte das AVG und machte dann am Xantener Placidahaus ihr Fachabitur.
Mit 19 Jahren zog Stephanie Borgmann nach Düsseldorf, studierte dort soziale Arbeit. Nebenbei sammelte sie als studentische Hilfskraft beim Verband alleinerziehender Mütter und Väter erste Erfahrungen. „Eigentlich war die Arbeit im Maßregelvollzug mein Ziel, das fand ich interessant und spannend.“ Vielleicht auch durch die Praxissemester in der Bewährungshilfe Moers und in der JVA Geldern-Pont unterstützt. Doch in diesem Bereich hätte die Weselerin erst mit 27 Jahren starten können, hatte das Studium aber schon mit 23 beendet. Das Thema ihrer Bachelorarbeit: Die männliche Prostitution.

Zurück in die Heimat

So startete Stephanie Borgmann als Sozialarbeiterin bei der Stadt Düsseldorf. Und genoss die Zeit in der Landeshauptstadt. Doch wegen ihres Freundes, der in Wesel arbeitete und nicht wegziehen wollte, zog
sie zurück in die alte Heimat und pendelte einige Jahre nach Düsseldorf. Nach der Geburt des ersten
Kindes kündigte Stephanie Borgmann ihren Job in Düsseldorf und wechselte in die Pädagogische Leitung zu Leo, einem Träger der Jugend- und Familienhilfe in Rheinhausen. Nach vier Jahren ging es 2021 zurück in den öffentlichen Dienst, vor Ort bei der Stadt Wesel. Dort gab es regelmäßig auch Kontakt mit dem Kinderschutzbund, mit Nathalie Utecht. „Wegen meiner beiden Kinder brauchte ich flexiblere Arbeitszeiten“, sagt Stephanie Borgmann. Und die gab es beim Kinderschutzbund. „Ich habe die
Initiative ergriffen und mich einfach mal vorgestellt.“ Das war Ende vergangenen Jahres, danach ging es
schnell.

Inzwischen kümmert sich Stephanie Borgmann speziell um den Bereich der Vormundschaften. Für Kinder, deren Eltern das Sorgerecht entzogen wurde und die nun Hilfe in den Pflegefamilien benötigen. „Es gibt immer mehr Vormundschaften, der Bedarf ist da“, weiß Stephanie Borgmann. Irgendwann wurde sie gefragt, ob sie die Leitung kommissarisch für Natalie Utecht übernehmen wolle, später dann wurde ihr die Leitung angeboten.

„Da musste ich nicht lange überlegen.“ In den 20 Stunden pro Woche kümmert sich die 35-Jährige um die
Koordination, leitet die Teamsitzungen und möchte künftig auch das Qualitätsmanagement in den
Fachgruppen intensivieren. Gerade erst ist eine neue Software installiert worden, die die digitale Aktenführung und das mobile Arbeiten erleichtern soll. „Nathalie Utecht hat hier schon viel angestoßen, daran knüpfen wir an.“

Corona für Familien ein Einschnitt

Corona war auch für die Jugend- und Familienhilfe ein kompletter Einschnitt. „Seitdem hat sich vieles
komplett verändert, die Belastung für Familien hat deutlich zugenommen, die Probleme sind vielschichtiger“, so Stephanie Borgmann. Die psychischen Belastungen sind gestiegen. „Die Familien sind da räumlich zusammengerückt – aber in Wirklichkeit hat sich die Distanz innerhalb der Familie vergrößert.“ Der Einfluss der Medien, von Handys, vom Internet, die Digitalisierung allgemein habe in der Corona-Zeit zugenommen. Doch nun wolle man da wieder zurückrudern.

Auch Mobbing sei auf eine ganz andere Ebene gekommen. „Jetzt kommt der Bumerang.“ Und sorgt für Ängste, Depressionen, Ohnmacht bei den Eltern. „Das hat sich mit Corona noch verstärkt. Ich habe das Gefühl, Eltern hören ihre Kinder weniger und die fühlen sich dann auch nicht gehört. Es wird erst
gesprochen, wenn das Wasser kocht.“ Jedes Kind brauche eine eigene Strategie – weiterhin betreut
der Kinderschutzbund rund 100 Fälle in Wesel und Umgebung. Die Warteliste beispielsweise bei Kinderpsychologen betrage bisweilen ein dreiviertel Jahr. „Eine fatale Situation. Ich hoffe, dass es mal abflacht – aber ich kann nicht in die Glaskugel schauen. Meiner Meinung nach hat sich die Gesellschaft
stark verändert.“

Im eigenen Team etwas verändern muss und will Stephanie Borgmann indes nicht. „Ich habe hier ein
großartiges Team um mich – mit sehr engagierten Kollegen. Es ist ein tolles Miteinander. Da kann ich an bestehende Prozesse leicht anknüpfen.“ Zeit für Hobbys bleiben trotzdem kaum. Haus, Kinder, Mann,
Hund und Garten – damit ist Stephanie Borgmann gut ausgelastet. Ab und an bleibt aber noch Zeit für
Kaffeetrinken mit den Freundinnen.